Zwischen Kaffee und Kompass

Kapitel 7: Flughäfen, Fundorte und verrückte Entscheidungen

Jonas war der Typ Mensch gewesen, der beim Wort „spontan“ Ausschlag bekam. Der nie ohne Powerbank verreiste. Der sich am Gate lieber 45 Minuten langweilte, als 5 Minuten zu spät zu kommen.

Und nun stand er am internationalen Flughafen mit einem Croissant in der Jackentasche, keinem Rückflugticket – und einem kleinen handbeschriebenen Zettel mit nur einem Wort:

Sagres.

Ein winziger Küstenort in Portugal. Den hatte Louisa in einem ihrer neuesten Blogbeiträge zwischen den Zeilen erwähnt – so, als wolle sie nicht zu viel sagen, aber doch gefunden werden.

Jonas hatte keine Ahnung, wie man dorthin kam.

Aber er wusste: Er musste.

Zehn Stunden später, zwei Flüge, ein verschwitzter Regionalbus und eine abenteuerliche Mitfahrgelegenheit später, stand Jonas in Sagres. Wind peitschte ihm durch die Haare, Möwen kreischten über den steilen Klippen, und irgendwo roch es nach Fisch, Salz und... Abenteuer.

Er hätte nie gedacht, dass dieser Moment real sein würde. Dass er – der immer alles vorausgeplant hatte – sich plötzlich mitten in einer wildromantischen Filmszene wiederfinden würde.

Mitten im Ort, in einem kleinen Straßencafé mit bunten Stühlen, saß sie. Louisa. In einem übergroßen Hemd, die Füße auf einem Hocker, ein Notizbuch auf den Knien, und ein leerer Kaffeebecher neben sich. Sie schrieb. Mit derselben Intensität, mit der sie lebte.

Jonas trat an den Tisch, sein Herz trommelte wie ein übermotiviertes Metronom.

„Entschuldigen Sie, ist dieser Platz noch frei?“, fragte er.

Louisa sah auf.

Und für einen winzigen Moment verging nichts. Kein Wind, kein Laut, kein Atemzug. Nur zwei Blicke, die sich trafen – voller Staunen, Freude, Unglauben.

„Jonas?“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauch.

Er nickte. „Ich... hab das Croissant mitgebracht. Regel Nummer zwei, weißt du noch?“

Sie sprang auf, rannte um den Tisch herum – und warf sich ihm um den Hals.

„Du bist verrückt“, flüsterte sie.

„Ich weiß.“

„Und du bist hier.“

„Ich weiß.“

„Und... willst du bleiben?“

Jonas löste sich ein kleines Stück aus der Umarmung, nur um sie ansehen zu können.

„Ich hab keine Ahnung, wie lange ich bleiben kann. Oder wie das hier alles funktioniert. Aber ich weiß, dass ich mit dir bleiben will. Und wenn wir dabei jeden Tag neu herausfinden müssen, wie man Wäsche in einem Van wäscht, oder ob zwei Zahnbürsten in einem Kulturbeutel Platz haben – dann bin ich dabei.“

Louisa lachte. Und dann weinte sie ein bisschen. Vor Glück. Und weil das Leben sich endlich so anfühlte, wie es in den Geschichten immer klang.

Später saßen sie auf einer Decke an den Klippen. Die Sonne versank golden im Meer, und der Himmel explodierte in Orangen und Rosa, als hätte er selbst beschlossen, dieses Kapitel zu illustrieren.

„Du bist wirklich gekommen“, sagte Louisa wieder. Einfach, weil sie es nicht fassen konnte.

„Du hast mich eingeladen. Mit Worten. Und ich hab gelernt, dass man auf deine Worte hören sollte. Selbst wenn sie zwischen den Zeilen versteckt sind.“

Sie lehnte sich an ihn.

„Was machen wir jetzt, Jonas?“

„Ich schlage vor, wir gründen unser eigenes System.“

„Ein System mit Regeln?“, fragte sie mit einem Augenzwinkern.

„Nur eine.“

„Und die wäre?“

Er nahm ihre Hand, führte sie an seine Brust, wo sein Herz ruhig und sicher schlug.

„Immer dort sein, wo du bist.“

Und so begann eine Geschichte, die kein Reiseführer, keine Excel-Tabelle und kein Blogpost je ganz erklären konnte.

Eine Geschichte, die nicht geplant war. Aber vielleicht gerade deshalb perfekt wurde.

Weil zwei Menschen – so unterschiedlich sie auch waren – herausfanden, dass Liebe nicht immer ordentlich oder bequem ist.

Aber dass sie genau dann am schönsten ist.

Wenn man sie einfach geschehen lässt.

Fortsetzung folgt...
Wörter: 585
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