Zwischen Kaffee und Kompass

Kapitel 11: Kapitelüberschriften und Kaffeesatz

Ein Jahr war vergangen, seit Zwischen Kaffee und Kompass in den Regalen gelandet war. Es hatte sich besser verkauft, als irgendjemand gedacht hatte – sogar besser, als Jonas prognostiziert hatte, und das wollte was heißen. Leser*innen liebten die Geschichte eines chaotisch-romantischen Roadtrips mit Flip-Flops, Listen, Regeldiskussionen und der Erkenntnis, dass Liebe sich oft dort versteckt, wo der WLAN-Empfang aufhört.

Jonas und Louisa wohnten mittlerweile wieder halbwegs sesshaft – in einem kleinen Haus am Rand eines nordspanischen Fischerdorfes, das Louisa zufällig auf einer Postkarte gesehen und Jonas danach auf Google Maps gefunden hatte. Das Haus hatte schiefe Fensterläden, eine Terrasse aus unebenen Steinen, eine Küche mit zu vielen Tassen – und zwei Herzen, die nie genau wussten, ob sie gerade ankommen oder schon wieder aufbrechen wollten.

An einem regnerischen Samstag saßen sie in der Küche, Jonas mit einem Notizbuch, Louisa mit der dampfenden Kaffeetasse, in die sie konzentriert starrte.

„Du liest Kaffeesatz“, sagte er trocken.

„Ich nenne es intuitive Plotentwicklung.“

„Und was sagt er? Wird dein neues Buch ein Erfolg?“

Sie kippte die Tasse leicht, betrachtete den Boden – und grinste.

„Es sagt, dass es mindestens fünf chaotische Kapitel gibt. Eine Figur verliert ein Paar Schuhe. Und die andere gewinnt dabei ein ganzes Herz.“

Jonas schnaubte. „Kitsch. Ich liebe es.“

Das neue Buch war kein Roman. Auch kein Ratgeber. Es war... beides. Ein wildes, poetisches Chaos aus Roadtrip-Fragmenten, Liebesdialogen, ungefilterten Gedanken und Notizen auf Servietten. Der Verlag hatte anfangs gezögert. Dann gekichert. Und dann begeistert „Ja“ gesagt.

Jonas war diesmal offiziell Co-Autor.

Er schrieb Fußnoten. Listen. Beobachtungen.

Sie schrieb Sätze wie:

"Ich wusste nicht, dass man sich in eine Stimme verlieben kann, bis er sagte: 'Wir müssen tanken, sonst bleibt Mathilda wieder mitten in der Pampa stehen.'"

Und er antwortete in der Fußnote:

(Anmerkung: Ich habe rechtzeitig getankt. Sie ist nur losgefahren, ohne mich zu wecken.)

Es war ein Buch über das Danach. Über das Leben nach der großen Liebeserklärung. Über die kleinen Reibungen im Alltag, wenn die Zahnpasta falsch liegt und der Lieblingskaffee plötzlich leer ist. Über das Gemeinsame, das trotz allem bleibt.

Und über das Glück, wenn man jemanden gefunden hat, der nicht wegläuft, wenn der Bus verpasst wird – sondern einfach sagt: „Dann laufen wir eben.“

Am Erscheinungstag saßen sie wieder in einer Buchhandlung. Diesmal war sie größer. Und Jonas trug ein kariertes Hemd – mit einem Fleck, den Louisa erst in der U-Bahn entdeckt hatte.

„Du wirst weich“, sagte sie, als sie ihm den Kragen zurechtrückte.

„Oder einfach normal.“

„Du meinst: verliebt.“

Er grinste. „Das sowieso.“

Die Lesung war voll. Menschen lachten. Manche weinten. Und viele standen später in der Schlange mit Flip-Flops in der Hand und baten um Signaturen.

Einer fragte: „Glaubt ihr, dass Liebe wirklich so funktioniert? Im echten Leben?“

Jonas sah zu Louisa. Sie sah zu ihm. Und sie sagten gleichzeitig:

„Nicht immer.“

„Aber manchmal reicht das.“

Auf dem Heimweg, in der Metro, saßen sie eng nebeneinander.

„Weißt du, was ich jetzt gern hätte?“, fragte Louisa.

„Was denn?“

„Ein richtig schlechtes Hotelzimmer mit durchgelegener Matratze und einer doppelten Buchung.“

Jonas lachte. „Das lässt sich organisieren.“

„Und wenn wir diesmal die ersten sind, die da ankommen – und es trotzdem doppelt belegt ist?“

„Dann nehmen wir den Dritten im Bunde mit auf Tour. Mathilda hat noch Platz.“

„Außer es ist ein Steuerberater.“

„Dann definitiv nicht.“

Sie kicherten. Und hielten sich die Hände.

Kein Happy End.

Ein Happy Immerweiter.

Mit Kaffeeflecken auf Seiten. Und Fußnoten voller Liebe.

Fortsetzung folgt...
Wörter: 572
Lesezeit: ca. 4 Minuten